Freitag, 2. Mai 2014

Das Email-Interview

Aufgrund des großen Interesses habe ich am 28. April ein Email-Interview gegeben. Es wird "analog" im Juni in der Q'Phaze erscheinen. Hier vorab, mit Genehmigung des Roth-Verlages, die einzelnen Fragen:


Roland Roth, Frage 1: Herr Wille, gab es in den 50er Jahren einen Alien-Fund in der DDR? Woher stammen die Informationen? Können Zeugenaussagen und Informationen die Ereignisse bestätigen?

Sie können sich sicherlich vorstellen, dass jede Antwort, außer „nein“ unangenehme Folgen (für mich) haben könnte. Nein, ich stelle ja selbst die Frage: „Gab es einen Alien-Fund in der DDR?“
Konkrete Informationen gibt es meines Wissens nicht. Und da sich das Ereignis in den frühen 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts abgespielt haben könnte, sind alleine aufgrund der langen Zeitspanne Zeugenaussagen der Beteiligten nicht mehr zu erwarten.

In der Ausstellung wird die Fundgeschichte als Film in einer Art „reenactment“ dargestellt. Der Alien wird bei Munitionsräumgsarbeiten entdeckt und an den russischen Wachen vorbei heimlich nach Berlin zur Untersuchung geschmuggelt. Trotzdem fliegt die Sache auf und der halbwegs präparierte Außerirdische wird mitsamt den Ärzten und Wissenschaftlern vom KGB verschleppt. Und nun könnte es sein, dass in einer unterirdischen Fabrik, einem Bunker oder Bergwerk weiter an ihm geforscht wird.

Nur, so wie es hier in der Ausstellung inszeniert wird, ist natürlich alles frei erfunden. Aufzeichnungen, wie Fotografien und Filmdokumente konnte es damals nicht gegeben haben. Alle Details beruhen bisher auf künstlerischer Freiheit, weil  keine tatsächlichen Dokumente oder Bilder vorliegen und alles nur durch unüberprüfbares Hörensagen bekannt ist.



Anspruch auf eine wahre Geschichte?

Roland Roth, Frage 2: Die Rekonstruktionen im Galileo-Park basieren laut Presseinformationen auf Hinweise und Gerüchte zum Aufbewahrungsort des Aliens. Inwieweit stellt die Inszenierung Ansprüche an möglicherweise wahre Geschehnisse?

Ich habe mich bei der Schaffung des Aliens an das idealtypische Aussehen, die scheinbar „typischen“, aber eigentlich auch einfältigen Merkmalen des Aliens, wie er seit Roswell bekannt ist, gehalten. 
Er unterscheidet sich jedoch in einigen wesentlichen Details von den oftmals gezeigten silberfarbenen Körpern in Gummianzügen. Zum Beispiel fehlt die Nase, die Atmung erfolgt direkt durch eine große Öffnung unter den Rippenbögen. Die Haut ist teilweise als Exoskelett ausgeprägt und stabilisiert den Körper. Überhaupt würde dieses Wesen mit seinem schweren, viel zu großen Kopf auf dieser Welt einige Schwierigkeiten haben. Da keine große Nackenmuskulatur angelegt ist, würde sein Haupt bei unserer Schwerkraft nach vorne fallen. 
Auf dem ersten Blick macht er jedoch einen humanoiden Eindruck. Die LPG-Arbeiter sprechen bei dem Fund nicht umsonst von einem verkrüppelten und verwachsenen Kind.

Bei der Ausgestaltung der Räumlichkeiten muss man sich an die Begebenheiten vor Ort, der Science Pyramide im Galileo-Park, halten. Wir versuchen die Anmutung eines verlassenen Bunkers oder Bergwerks zu erzeugen, können dabei aber nur mit Kulissen arbeiten. Es wird nach Sägespänen und Farbe riechen und nicht nach Moder und Fäulnis.

Kurz gesagt, die künstlerische Freiheit steht im Vordergrund. Hierbei kann ich mich auf meine Arbeit als Modellbauer und Grafiker, sowie einige Semester Biologie verlassen.

Wo ist die Fundstelle?

Roland Roth, Frage 3: Um welchen ehemaligen russischen Truppenübungsplatz soll es sich gehandelt haben, wo das Alien gefunden worden sein soll? 

Die Fundstelle auf einem Truppenübungsplatz ist im Grunde nicht wichtig, da es sich hierbei sozusagen nur um den Bergungsort handeln würde und nicht um den vermutlichen Landeplatz oder die Absturzstelle. Diese wäre im nördlichen Polarkreis zu suchen. 
Es könnte sein, dass der Rettungs-Kokon mit den Gletschern der Eiszeit in das mecklenburgische, bzw. brandenburgische Seengebiet gewandert und dort nach dem Abschmelzen des Eises in einer der vielen Endmoränen liegen geblieben ist. Und vielleicht würden dann die Steinspuren in dem zerquetschten Kokon Aufschluss über einen Landeort in Norwegen oder Schweden geben können.
Der Truppenübungsplatz könnte also im Bereich der eiszeitlichen Gletscher liegen. Bei der Vielzahl an russischen Standorten und vor allem Außenstellen auf dem Territorium der DDR gibt es da viele Möglichkeiten.

Eine "Urban Legend"?


Roland Roth, Frage 4: Im Vorfeld gehen viele Interessierte aufgrund der Presseinformationen davon aus, dass die Ausstellung auf der Basis von "urban legends" bzw. unter künstlerischem Aspekt zu sehen sei, ist das korrekt?

Die Ausstellung ist eindeutig unter dem Aspekt einer künstlerischen Inszenierung zu sehen. 
Es ist eine Art Gedankenexperiment, egal, ob ursächlich ausgehend von einem aufgeschnappten Gerücht in der S-Bahn oder reiner Fiktion. Und für eine Legendenbildung braucht man mindestens zwei: den Einen der sagt, es könnte so gewesen sein und den Anderen, der vermutet, es könnte an all dem etwas dran sein. 
Und später beginnt die Spurensuche und man fragt sich, was bleibt nach vielleicht fünf oder fünfzehn Jahren von diesem Experiment übrig?

Was nimmt der Besucher der Ausstellung mit nach Hause?


Roland Roth, Frage 5: Welchen Zweck soll die Darstellung der inszenierten Umgebung auf die Besucher haben? Wie wünschen Sie sich, sollen die Besucher mit dem Erlebten umgehen, wenn sie die Ausstellung gesehen haben? Was soll der Besucher für sich persönlich als Erfahrung mitnehmen?

Dem Besucher der Ausstellung sollte auf jeden Fall klar sein, dass er sich hier in einer künstlerischen Inszenierung befindet, in einer Kulisse, in der alles, der Bunker, der Alien, die Artefakte, aufgrund von vagen Vermutungen nachgemacht und nachgebaut wurden.

Er soll in erster Linie unterhalten werden und, wie bei jedem guten Film (in diesem Fall einer guten Ausstellung), sich auch nachträglich damit beschäftigen, seine Phantasie anregen: Wo kommen die ganzen Artefakte her? Sind einem ähnliche Dinge auch schon einmal selber aufgefallen? Was ist Inszenierung, was ist echt? Ist alles in sich logisch aufgebaut?

Der Ausstellungsbesucher nimmt im besten Fall die Einsicht mit nach Hause, dass man aus den kleinsten Anhaltspunkten (einem Gerücht?) Puzzlestein für Puzzlestein ein in sich logisches, im wahrsten Sinne des Wortes hermetisch abgeschlossenes Gedankengebäude (ähnlich einem Bunker) errichten kann, welches auf Reize, bzw. Fragen von außen mit seiner eigenen inneren Logik reagiert. 

Aber es muss ja nicht zum „I want to believe“ Lagerdenken kommen. Nein, der Besucher soll in erster Linie unterhalten werden und kann dann nicht nur einen gewissen Grusel erleben, sondern auch, zum Beispiel auch bei den (pseudo)wissenschaftlichen Dokumenten und den ethnologischen Artefakten sein Vorwissen testen. Im besten Fall wäre es eine Art von Trivial Pursuit für SF-Leser und vielleicht auch Völkerkundler ;-)